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Wie kleine Aufgaben uns die Zeit für gute Wissenschaft stehlen (und uns trotzdem etwas lehren)
Vor fast drei Jahren habe ich meine Dissertation in Biochemie begonnen. Obwohl ich eine ziemlich gute Idee davon hatte, auf was ich mich einlasse, finde ich mich selbst darin wieder Aufgaben zu übernehmen, die nicht direkt zu meiner Dissertation oder Forschung beitragen.
Ich will mich nicht beschweren, denn ich mag die meisten dieser Aufgaben, allerdings habe ich ab und an das Gefühl dabei wichtige Zeit für Experimente zu verlieren.
Zu promovieren kommt mit den verschiedensten, meistens sehr erfüllenden Aufgaben. Wir lesen Fachliteratur, designen Experimente, wir führen diese Experimente durch und analysieren sie. Wir treffen andere Wissenschaftler um unsere Daten zu diskutieren und wir dürfen rund um die Welt zu Konferenzen reisen. Wissenschaftler zu sein ist ziemlich vielfältig, was vielleicht auch der Grund ist, dass dieser Beruf sehr attraktiv sein kann. Wir dürfen uns ausprobieren und wir können uns (bis zu einem gewissen Grad) die Arbeitszeit frei aufteilen.
Aber der Beruf kommt mit seinen ganz eigenen Problemen. Über viele Jahre unserer Karriere sind wir befristet angestellt, als Doktorierende oder Postdoktorierende. Das bedeutet auch, dass wir unsere Zeit gut einteilen müssen um ein Projekt innerhalb der 3-4 finanzierten Jahre fertig zu stellen. Das bedeutet, dass jede Aufgabe, die nicht direkt zu unserer Dissertation beiträgt sich anfühlen kann, als fräße sie Zeit weg; egal wie „cool“ die Aufgabe an sich ist. Bei vielen dieser Aufgaben lernen wir wahrscheinlich wichtige Fertigkeiten. Gelegentlich wird das alles aber ein bisschen zu viel und spätestens im dritten Jahr unserer dreijährigen Dissertation setzt dann die Panik ein und unbezahlte Überstunden türmen sich.
Naja, jetzt sitze ich hier und versuche innerhalb des Blogposts Wissenschaft und das Doktorierendenleben darzustellen, während ich eigentlich das Gefühl habe ein wichtiges Experiment machen zu müssen. Wir waschen Laborgeschirr, füllen Vorräte auf, haben Meeting um Events wir Konferenzen zu planen und betreuen Bachelor und Master Studenten im Labor. Viele von uns werden sogar in der Lehre eingesetyt, in praktischen Kursen und Seminaren. Das beinhaltet dann auch oft, dass PhDs helfen Protokolle der Studenten und Klausuren zu korrigieren. Nebenbei sind wir dann auch noch angehalten Wissenschaft für alle verständlich zu kommunizieren und jüngeren Generationen eine Karriere in den Naturwissenschaften schmackhaft zu machen. All diese Aufgaben, die wir nebenbei erledigen sollen, sind sicher auf ihre Weise lehrreich und wichtig aber wir werden sie niemals in unsere Dissertation einbringen können. Vielleicht finden sie irgendwo im Lebenslauf Platz aber sie sind weder bezahlt noch werden unsere Verträge ihretwegen verlängert.
Ich bin sicher, dass in anderen Berufen die Situation ähnlich ist und andere Menschen auch unerwartete Aufgaben in ihrem Berufsleben übernehmen. Also schreibe ich diesen Blogeintrag eigentlich nur um darauf aufmerksam zu machen, dass auch Doktorierende sich in dieser Situation befinden.